Gestern hat uns Anneliese mitgeteilt, dass Emanuell uns nicht mit seinem Auto abholen kann. Fahrzeug ist defekt. Na super – denke ich. Fahrer kostet 120 US-Dollar. Na super – denke ich. Die Alternative ist das Motorrad-Taxi. Na super – denke ich. Und das mit jeweils einem großen Rucksack und einem weiteren kleinen Rucksack. Ach – ich habe die Fototasche vergessen.
Was blieb uns anderes übrig – laufen ist zu weit. Also haben wir zugesagt. Was blieb uns auch übrig.

Gegen 6:00 Uhr bin ich aufgewacht. Draußen war schon reges Treiben – auch Kinder waren schon unterwegs. Um 06:30 Uhr haben wir uns nochmal aur den Weg zu unserem Pool im Bach gemacht. Brunell wieder die ganze Zeit an meiner Hand. Feste im Griff. Wir haben das morgendliche Bad (durch den Staudamm war es wirklich eher ein Bad) sehr genossen. Das sind Erlebnisse, die man niemals mehr vergessen wird.

Weg zurück. Kaffee getrunken. Dann Aufbruch zum letzten Baustellen-Besuch. Wieder fanden noch abschließende Gespräche mit Rodril statt. Ich hoffe, sie wissen jetzt, wie der Bau der Schule ablaufen soll. Damit wir bis zum Schuljahres-Beginn im September die Schule eröffnen und einweihen können. Denn hier soll dann eine kleine Einweihungsfeierauf dem Schulhof und im Schulgebäude stattfinden. Das wird großartig. Und ich werde – sicherlich mit Uwe Sindlinger (dem 2. Vorsitzenden von Haiti-WIR-helfen e.V.) – mit dabei sein.
Noch großartiger ist aber die Tatsache, dass dann ca. 200 Schüler hier eine neue und gute Ausbildung erhalten werden. Bei der Ankunft konnte ich schon sehen, was bis heute geschaffen wurde. Schon einige Mauern waren Stein auf Stein gemauert. Das musste ich mir näher ansehen. Wir verabredeten dann noch einen Foto-Termin mit allen Mitarbeitern. Unser neues Banner soll hier auch zum Einsatz kommen (vielen Dank an Jens Bermanseder für die Spende). Schöne Fotos mit dem Team gemacht. Dann – auf geht’s – wieder an die Arbeit. Auf dem Weg zurück zum Haus von Pastor Dominique ging mir dann doch der Gedanke durch den Kopf – was dann jetzt wohl passieren wird. Wie wird es weiter gehen? Wie werden wir die künftigen Herausforderungen meistern?
Ich habe mich dann von jedem einzigen Arbeiter und von Rodril verabschiedet. Sie werden sich weiter ins Zeug legen. Ich habe ein gutes Gefühl.

Noch ein kleines Mittagessen. Die Rucksäcke sind schon gepackt. Die Motorräder warten schon vor dem Haus. Diese Wege – mit all unserem Gepäck – und jetzt 2 Stunden über Stock und Stein nach Méyer zu Anneliese. Wir ziehen Arm- und Knieprotektoren an. Eine Helm auf. Es ist heiß. Die Verabschiedung von den Familienmitgliedern ist sehr herzlich. Alle stehen Sie um uns rum – nur Pastor Dominique ist heute Morgen schon früh weg. Er muss wieder zur Arbeit ins Elektrizitäts-Werk nach Port-au-Prince. Besonders die Umarmung mit meinem kleinen Freund Brunell bewegt mich sehr. Auch Jameson ist da. Er ist uns zu einem guten Freund geworden – er war eine große Hilfe. Als unsere Rucksäcke aufgeladen und verzurrt waren – ging es los. Ich konnte mir nicht so wirklich gut vorstellen, wie das alles funktionieren soll. Aber ich habe in die Worte von Anneliese und die Fahrkünste der Haitianer Vertrauen. Wird schon gut gehen. Wir wollen kein Risiko eingehen – schließlich habe ich auch die Verantwortung für Felix.

Die Fahrt ist spannend. Mit der Zeit etwas unbequem (der Hintern schmerzt). Aber sonst war die Wahl fürs Motorrad sicher die richtige. Wir kommen gut voran. Wir streifen kurz die Vororte von Port-au-Prince – dann biegen wir rechts ab Richtung Jacmel (liegt an der Südküste von Haiti). Die Strassen sind kurvig – es geht auf und ab. Irgendwann geht es wieder rechts ab von der befestigten Strasse – auf einen Staub- und Felsenweg. Kaum passierbar. Aber unsere Fahrer haben Routine mit diesen Verhältnissen. An einer Häuseransammlung haben wir kurz Halt gemacht und eine Cola getrunken. Weiter ging es. Dass auf diesen Wegen auch Autos und LKW´s fahren ist eigentlich unglaublich. Aber wahr – wie wir immer wieder sehen.

Anneliese empfängt uns am Tor. Wie immer hat sie einen ironischen Spruch auf den Lippen. Tut gut, Sie zu sehen. Auch hier ist der Empfang herzlich. Hier hat sich einiges geändert – seit unserem letzten Besuch in 2014. Die Schule ist in einem guten Zustand. Auf dem Wohnhaus von Anneliese wurde ein weiterer Stock (1. Etage) gebaut. Das sieht echt gut aus. 6 Gästezimmer wurden eingerichtet. Ein Badezimmer mit 2 Toiletten und 2 Duschen. Am Ende des Ganges gibt es einen Balkon mit Blick zur Schule. Hier kann man es aushalten. Kein Luxus – aber sehr gemütlich. Wir beziehen unser Zimmer. Außer uns ist im Moment niemand da. 2 getrennte Betten stehen in unserem Schlafraum – welch Freude. Es wird eine gemütliche Nacht. Wir ruhen uns noch ein bißchen aus, ich schreibe noch an meinem Blog. Dann führt uns Anneliese durch die Schule – es ist schon sehr beachtlich und bewundernswert, was Anneliese und ihre haitianischen Mitarbeiter hier geschaffen haben und am Laufen halten. Ich wünsche Anneliese und den Kindern hier in Méyer und Gerard, dass alles in dieser Richtung weiter geht. Es wird weiter große Mühen und Anstrengungen mit sich bringen.

Wir treffen uns wieder in Annelieses Küche zum Abendessen. Brot mit Käse. Etwas Wurst (Dosenwurst aus dem Schwarzwald) und Tee aus Kräutern aus dem Garten. Alles lecker. Und alles so, wie es hier ist. Keine Extrawürste für uns – das ist genau das, was wir uns wünschen. Wir sprechen noch lange mit Anneliese. Über die Mentalität der Menschen hier. Über das Schulsystem. Über das benötigte Geld. Über die Zukunft der Menschen – besonders der Kinder. Über das Leben von Anneliese hier in Haiti. Über unsere Schule in Dano. Über die Aufgaben, die in Dano noch anstehen werden. Über …………
Auch mit Felix ergibt sich eine rege Diskussion. Bisher haben wir dazu nicht die Zeit gefunden – oder es war nicht der richtige Moment. Es ging um Werte, Erziehung, Ziele, Eltern – um das Leben insgesamt. Spannendes Thema. Unterschiedliche Ansichten. Vielleicht konnte ich ihm meine Sichtweise etwas näher bringen. Er wird seinen Weg gehen. Auch weil er seinen eigenen Kopf hat.

Der Tag war irgendwie anstrengend. Viele Eindrücke. Der letzte Blick auf die Schul-Baustelle. Die Motorradfahrt. Bei Anneliese sind wir angekommen – wir fühlen uns wohl hier. Die Müdigkeit ist bei Felix und mir unübersehbar. Schon gegen halb zehn machen wir uns auf ins Bett. Es hat begonnen zu regnen – heftig. Auch in der Nacht hat es weiter geregnet. Dadurch ist es kühler geworden. Angenehm. Ich schreibe noch ein paar Zeilen – es fällt mir schwer mich zu konzentrieren. Die Augen fallen mir zu. Rechner aus. Taschenlampe aus. Hinlegen. Einschlafen. Träumen. Was für ein wunderbarer Tag. Was für eine wunderbare Nacht.